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stück.jpg (74952 Byte)Leseprobe aus: Ein starkes Stück

Es war ein wunderschöner lauer Spätsommertag. Die weißen Tische und die flatternden roten Tischtücher erinnerten Lina an den Urlaub, drei herrlich lange Wochen mit Wasser, Sand und Wind. Vorbei. Wehmütig löffelte sie ihr Eis.

In dem kleinen Straßencafé herrschte Hochbetrieb. Die Leute hatten noch einmal ihre Sommerkleidung aufpoliert. Sie schwatzten und lachten und hielten das Gesicht in die Sonne. Wer wusste denn, wie oft man noch so draußen sitzen konnte? Morgens und abends war es schon empfindlich kühl und der mächtige Ahorn, der seine Äste über den Tischen ausstreckte, fing bereits an, Blätter zu verlieren.

Alex trank eine Erdbeermilch. Er hatte sich neulich an einer riesigen Portion Eis überfressen und konnte nun nicht mal mehr den Gedanken an Eis ertragen. Lina hatte kurz überlegt, auch eine Milch zu nehmen. Alex zuliebe. Aber dann war sie doch schwach geworden. Sie hatte sich nicht an Eis überfressen. Sie konnte den Gedanken daran sehr wohl ertragen.

Sie hatte Alex eingeladen. Es war wichtig, sich irgendwo zu unterhalten, wo sie allein und ungestört sein konnten. Alex, der grundsätzlich knapp bei Kasse war, hatte die Einladung sofort angenommen.

Allein waren sie allerdings nicht. Sämtliche Tische waren besetzt. Sogar auf der kleinen Mauer um das Hallenbad herum saßen Leute und schleckten Eis. Auch ein paar Stadtstreicher hatten sich hier versammelt. Die Tüten mit ihren Habseligkeiten lagen zu ihren Füßen. Sie tranken aus einer Flasche, die sie herumreichten, beäugten die Leute um sie her, und die Leute beäugten sie.

„Wir müssen einen Plan machen“, fing Lina an. „Von allein löst sich das Problem nicht.“

Alex nickte. Er hatte ein rosa Bärtchen von der Milch. Damit sah er fast niedlich aus. Aber schon leckte er es weg.

„Der Plan muss gut sein“, sagte Lina. „Er muss unbedingt funktionieren.“

Wieder nickte Alex. Dann schlürfte er sorgenvoll weiter seine Milch.

„Du könntest ruhig ein bisschen mehr tun, als immer nur zu nicken“, sagte Lina.

„Ich hab hundert Vorschläge gemacht, sie zu vergraulen“, verteidigte sich Alex gekränkt. „Von dir kam kein Einziger.“

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