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Leseprobe aus: Du. Auf der anderen Seite (Neuauflage von Das blaue Mädchen)

Die Stille war schrecklich. Sie schien von dem Sonnenlicht, das durch die hohen Fester fiel und sich bunt auf dem hellen Granitboden brach, noch verstärkt zu werden. Keine Bewegung. Kein Laut. Nur die schwere, lastende Stille, die sich über den Raum gelegt hatte wie eine unsichtbare Decke.

Als wäre die Zeit stehen geblieben.

Jana hielt die Luft an. So musste es sein, wenn man aus einem Boot fiel und lautlos niedersank, über sich das Licht und unten die dunkle Tiefe.

Sie erlebte es immer wieder in ihren Träumen. Musste es immer wieder erklären. Obwohl sie lieber nicht darüber geredet hätte. Alles wollten sie wissen. Was war das Besondere an diesem Traum? Was quälte sie darin am meisten?

Und Jana musste Antworten finden.

Nicht das Fallen, nicht das Niedersinken machte ihr in diesen Träumen zu schaffen. Was sie vor allem entsetzte, war diese furchtbare Stille.

Aber das hier war kein Traum, es war die Wirklichkeit. Aus den Augenwinkeln beobachtete Jana die anderen. Alle hatten den Kopf gesenkt, genau wie sie. Die Arme waren über der Brust gekreuzt, genau wie ihre.

Nur eine hatte die Arme erhoben. La Lune.

Vor ihr kniete Mara in ihrem schlichten blauen Gewand, die Hände auf dem Boden, ein Opferlamm. Sie kniete reglos und wartete.

Und alle warteten mit ihr.

*

Marlon trieb den Pfahl mit wenigen kräftigen Schlägen in den Boden. Der Regen der vergangenen Tage hatte die Erde aufgeweicht, das erleichterte ihm die Arbeit. Sein Vater saß auf dem Traktor. Er hatte sich halb herumgedreht, den rechten Arm über der Lehne des Fahrersitzes, und sah seinem Sohn zu.

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